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Vorhofflimmern: Wann geht es ohne Gerinnungshemmung?

Wenn nach Katheterablation die Vorhofflimmern-Symptome verschwinden, stellt sich immer wieder die Frage: Wie lange ist die Antikoagulation noch nötig?

Arzt bespricht mit Patient Medikamente
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Vielen Patienten mit Vorhofflimmern behagt die dauerhafte Einnahme eines Gerinnungshemmers (Antikoagulanz) nicht, weil damit auch ein erhöhtes Blutungsrisiko verbunden ist. Sind nach einer Ablationsbehandlung die Beschwerden weg und keine Zeichen vor Vorhofflimmern im EKG mehr sichtbar, wird daher häufig gefragt, ob die medikamentöse Therapie zum Schutz vor einem Schlaganfall nicht vielleicht auch irgendwann einmal beendet werden könnte. In mehreren Studien sind in letzter Zeit Wissenschaftler genau dieser Frage nachgegangen. Die Ergebnisse könnten wichtige Entscheidungshilfen für die zukünftige Therapie liefern.

Absetzen der Antikoagulanzien geprüft

Für eine Untersuchung (ALONE-AF) haben Wissenschaftler aus Südkorea zum Beispiel über 800 Patienten und Patientinnen mit einem mittleren Alter von 64 Jahren ausgewählt, die mindestens ein Jahr nach erfolgreicher Ablationstherapie weiterhin keine Anzeichen für ein Wiederauftreten von Vorhofflimmern (Rezidiv) hatten. 

Sie wiesen zudem mindestens einen Risikofaktor für einen Schlaganfall auf. Nach dem Zufallsprinzip wurde dann die gerinnungshemmende Therapie bei der Hälfte der Patienten abgesetzt, während sie bei der anderen Hälfte weiter fortgeführt wurde (mit Apixaban, Edoxaban oder Rivaroxaban). Anschließend wurde beobachtet, wie häufig es zu einem Schlaganfall, einer anderweitigen Embolie und einer bedeutsamen Blutungen innerhalb der nächsten zwei Jahren kam.

Die Auswertung der Studiendaten brachte ein erstaunliches Ergebnis: Das Absetzen der gerinnungshemmenden Therapie ging mit einem niedrigeren Risiko für den kombinierten Endpunkt einher, somit mit weniger Schlaganfällen und deutlich weniger Blutungskomplikationen als die fortgesetzte Therapie mit einem Antikoagulanz. Insgesamt traten überraschend wenige Ereignisse in beiden Gruppen auf.

OCEAN-Studie: Rivaroxaban oder ASS

In einer weitere Studie (OCEAN), die wenige Zeit danach auf dem amerikanischen Kardiologenkongress (AHA) vorgestellt wurde, ging es ebenfalls darum, ob auf einen Gerinnungshemmer (hier Rivaroxaban) verzichtet werden kann, ohne das Schlaganfallrisiko zu erhöhen. Rund 1200 Patienten (mittleres Alter 66 Jahre), die ebenfalls mindestens ein Jahr nach der Katheterablation kein erneutes Vorhofflimmern hatten, nahmen an der Untersuchung teil. Alle wiesen in dieser Studie mindestens einen Risikofaktor für Schlaganfall auf (etwas höheres Risiko als bei ALONE-AF). In diesem Fall erhielt nach dem Zufallsprinzip die eine Hälfte weiterhin Rivaroxaban (15 mg/Tag), die andere Hälfte stattdessen niedrigdosierte Acetylsalicylsäure (75-120 mg/Tag).

In den folgenden drei Jahren wurde ebenfalls die Zahl dieser Ereignisse ermittelt: Schlaganfälle, Embolien und im MRT festgestellten Hirninfarkte. Es zeigte sich, dass es keinen gravierenden Unterschied machte, ob der Gerinnungshemmer weiter eingenommen wurde oder nicht. Mit dem Antikoagulanz kam es zwar etwas häufiger zu einem der genannten Ereignisse. Es traten zum Beispiel fünf Schlaganfälle unter Rivaroxaban auf und sieben unter ASS-Therapie. Doch insgesamt war die Zahl der Ereignisse auch in dieser Studie weitaus geringer als von den Wissenschaftlern erwartet. Und ohne Antikoagulanz  kam es zu weniger Blutungen.

Schlussfolgerung

Bei Patienten mit Vorhofflimmern, bei denen nach einer Katheterablation mindestens ein Jahr lang keine erneuten Rhythmusstörungen auftreten und die ein geringes bis moderates Risiko für einen Schlaganfall haben, kann offenbar ein Absetzen der Antikoagulation erwogen werden. Das muss im Einzelfall aber stets der Arzt mit dem Betroffenen genau besprechen. Patienten mit hohem Risiko für einen Schlaganfall sollten jedoch in jedem Fall weiter einen Gerinnungshemmer einnehmen. 

  • Long-Term Anticoagulation Discontinuation After Catheter Ablation for Atrial Fibrillation.The ALONE-AF Randomized Clinical Trial, JAMA 2025; Doi:10.1001/jama.2025.14679
  • Antithrombotic Therapy after Successful Catheter Ablation for Atrial Fibrillation, NEJM 2025; DOI: 10.1056/NEJMoa2509688

Experte

Prof. Dr. med. Thomas Meinertz
Portrait von Prof. Thomas Meinertz

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