Infektionen mit Viren oder Bakterien belasten das Herz und den Kreislauf. Infektionsschutz ist deshalb wichtig. Das gelingt z.B. mit guter Hände-, Mund- und Zahnhygiene, dem Meiden enger Kontakte zu Menschen mit Infektionskrankheiten, vor allem aber auch mit Impfungen. Impfungen schützen vor häufigen Infektionserregern. Sich impfen zu lassen, bedeutet für Herzpatienten zusätzlich: Schutz vor den spezifischen Herz-Kreislauf-Komplikationen einer Infektionskrankheit. Denn beides hängt miteinander zusammen.
Erfahren Sie in diesem Artikel:
- Warum Impfungen für Herzpatienten wichtig sind
- Welche Erreger können zum Problem für Herz und Kreislauf werden?
- Welche Impfungen sind für Herzpatienten besonders empfehlenswert?
- Welche Nebenwirkungen können Impfungen haben?
- Wer genehmigt und kontrolliert die Versorgung mit Impfstoffen?
- Worauf Herzpatienten vor und nach einer Impfung achten sollten
- Wo kann man sich impfen lassen – und wer übernimmt die Kosten?
Warum Impfungen für Herzpatienten wichtig sind
Viren und Bakterien können Herzpatienten indirekt oder direkt schaden:
- Indirekt: Der Körperstoffwechsel ist aktiviert, Nährstoff- und Sauerstoffverbrauch sind erhöht, um die Erreger zu bekämpfen. Damit steht weniger Energie für das Herz-Kreislauf-System zur Verfügung. Das bedeutet: Die akute Entzündungsreaktion, ausgelöst vom Erreger, belastet unter Umständen Herz und Kreislauf stark.
- Direkt: Krankheitserreger können das Herz direkt angreifen und Entzündungen des Herzmuskels, des Herzbeutels oder der Herzklappen auslösen, besonders wenn diese Organstrukturen bereits vorgeschädigt sind. Atherosklerotische Ablagerungen in Gefäßen oder an Herzklappen können sich aufgrund der Entzündungsaktivität lösen, die Gerinnungsaktivität des Blutes wird aktiviert und es bilden sich Gerinnsel. Dadurch werden wichtige Arterien am Herzen oder im Gehirn verstopft, so dass ein Herzinfarkt oder Schlaganfall ausgelöst wird. Auch Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen sind mögliche Folgen von Infektionen.
Hinzu kommt, dass Menschen in fortgeschrittenem Alter und Herzpatienten, z.B. mit Herzschwäche, ein im Vergleich zu Jüngeren und Gesunden geschwächtes Immunsystem haben. Sie sind daher besonders gefährdet, bei Kontakt mit Krankheitserregern tatsächlich zu erkranken. Doch solche Kontakte lassen sich im Alltag manchmal kaum vermeiden.
Wer sich impfen lässt, verringert somit nicht nur die Wahrscheinlichkeit, an einer Infektionskrankheit zu erkranken, sondern mindert zudem das Risiko für Herz-Kreislauf-Komplikationen. Außerdem: Geimpfte schützen nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Angehörigen und Kontaktpersonen. Denn einmal infiziert, wird man selbst zum Überträger von Keimen. So schützen auch geimpfte Kontaktpersonen den Herzpatienten.
Welche Impfstoffe sind für Herzpatienten geeignet?
Es gibt verschiedene Arten von Impfstoffen (Vakzinen), die sich in ihrer Zusammensetzung und Wirkweise unterscheiden. Für Herzpatientinnen und Herzpatienten kommen in der Regel vor allem Totimpfstoffe und mRNA-Impfstoffe infrage, da sie gut verträglich und sicher sind:
Lebendimpfstoffe beinhalten sehr geringe Mengen lebendiger, aber abgeschwächter Erreger. Deshalb können sie normalerweise keine Krankheit auslösen. Mit der Impfung wird eine milde „Mini-Infektion“ nachgeahmt, so dass die Körperabwehr lernt, den Erreger zu erkennen (Gedächtniszellen werden gebildet). Er wird in die Lage versetzt, schützende Antikörper zu bilden. Die bekanntesten Lebendimpfstoffe sind die gegen Masern, Mumps und Röteln (meist kombiniert als MMR-Impfung) und jene gegen Windpocken (Varizellen). Ungeeignet sind Lebendimpfstoffe für immungeschwächte Personen, Schwangere und Menschen, die bestimmte Medikamente, die das Immunsystem beeinflussen, einnehmen.
Totimpfstoffe bestehen aus per Hitze oder chemisch inaktivierten Erregern oder auch nur Bestandteilen davon, z.B. Eiweißen oder Zuckermolekülen von der Erregeroberfläche. Diese Bestandteile können teils synthetisch hergestellt werden. Sie bringen das Immunsystem des Körpers dazu, schützende Reaktionen zu entwickeln für den Fall des Kontaktes mit dem jeweiligen Keim. Totimpfstoffe können keine Krankheiten auslösen. Deshalb sind sie auch sicher für Menschen mit geschwächtem Immunsystem und für Schwangere. Totimpfstoffe wirken aber oft weniger stark als Lebendimpfstoffe. Dies ist ein Grund dafür, dass manchmal Auffrischungsimpfungen erforderlich sind oder Wirkungsverstärker enthalten sind. Beispiele für Totimpfstoffe sind Grippeimpfstoffe sowie die Vakzinen gegen Polio, Tetanus und Diphtherie.
Mit mRNA-Impfstoffen sind Wissenschaftler noch einen Schritt weiter gegangen als bei Totimpfstoffen. Denn gespritzt wird nur noch der genetische Bauplan (mRNA) für ein bestimmtes Eiweiß, das relevant ist für das Training einer Abwehrreaktion. Nach Impfung stellt der Körper dieses Eiweiß selbst her, das Immunsystem erkennt es als „fremd“ und bildet Antikörper und Gedächtniszellen. Die verimpfte mRNA wird rasch abgebaut und gelangt nicht in den Zellkern. Das eigene Erbgut (DNA) wird also nicht verändert. Beispiele für mRNA-Impfstoffe sind die Corona-Vakzinen und ein Impfstoff gegen RSV. Derzeit befinden sich viele weitere mRNA-Impfstoffe in der Entwicklung.
Empfohlene Impfungen für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Wer an einer Herzerkrankung leidet, sollte auf einen vollständigen Impfschutz achten. Impfungen können helfen, Infektionen zu verhindern, die das Herz und die Gefäße stark belasten würden.
- Grippeimpfung: Die echte Grippe ist mehr als eine einfache Erkältung. Sie kann das Risiko z.B. für einen Herzinfarkt bis zu 16-fach erhöhen. Auch ein milder Krankheitsverlauf geht teils vermehrt mit Herz-Kreislauf-Problemen einher. Geimpft wird jährlich ab Herbst.
- Coronaimpfung: Die Erkenntnisse aus der Coronapandemie belegen, dass das Virus SARS-CoV-2 in der Lage ist, viele Organe schwer zu schädigen, darunter Herz und Gefäße. Personen ab 60 Jahren wird nach Aufbau der Basisimmunität, die die meisten Menschen während der Pandemie aufgebaut haben, jährlich eine Auffrischimpfung empfohlen. Diese kann zeitgleich mit der Grippeimpfung im Herbst erfolgen.
- Impfung gegen Pneumokokken: Diese Bakterien verursachen schwere Lungenentzündungen, die selbst wieder zum Problem für Herz und Kreislauf werden können. Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat Empfehlungen veröffentlicht, welche Personengruppen für welchen der verschiedenen Impfstoffe infrage kommen und welche Personengruppen Auffrischungsimpfungen benötigen.
- RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus)-Impfung: Jährlich erkranken drei bis sieben Prozent aller Senioren an einer RSV-bedingten Lungenentzündung. Die Infektion tritt wie die echte Grippe gehäuft zwischen Oktober und März auf. Laut STIKO sollen Personen ab 75 Jahre einmalig gegen RSV geimpft werden, möglichst vor der RSV-Saison im September/Anfang Oktober. Außerdem empfohlen ist die Impfung von über 60-Jährigen mit einer schweren Grunderkrankung. Das gleichzeitige Verabreichen der RSV- mit der Influenza- und der Coronaimpfung ist teilweise möglich – hierzu liegen differenzierte Empfehlungen je nach verwendetem Impfstoff vor. Zur Notwendigkeit von Auffrischimpfungen kann derzeit noch keine Aussage getroffen werden.
- Herpes zoster (Gürtelrose)-Impfung: Die Erkrankung äußert sich mit schmerzhaftem Hautausschlag, Augen und Gehör können beteiligt sein, bei manchen Betroffenen kommt es zu einer dauerhaften Schmerzerkrankung. Schwere Verlaufsformen erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die STIKO empfiehlt die Impfung mit dem Herpes-zoster-Totimpfstoff allen Personen ab 60 Jahre sowie Personen ab 50 Jahre, wenn bestimmte chronische Erkrankungen vorliegen oder wenn sie immunsupprimiert sind
Welche Nebenwirkungen können Impfungen haben?
Da Impfungen eine erwünschte Reaktion im Körper auslösen sollen, nämlich das Immunsystem anzuregen, um es auf den möglichen Kontakt mit Krankheitserregern vorzubereiten, kann diese Reaktion spürbar sein. Sie fällt von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark aus. Typische Impfreaktionen sind folgende:
- lokale Reaktion an der Einstichstelle (Rötung, Schwellung, Schmerzen), die meist 1-3 Tage andauert,
- allgemeine Symptome (leichtes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Müdigkeit, Unwohlsein, Übelkeit), die wenige Tage bestehen können,
- geschwollene Lymphknoten,
- bei Lebendimpfstoffen kann es zu milden Krankheitserscheinungen kommen, z.B. milder Hautausschlag nach Masernimpfung.
Wichtig: Nicht jeder bekommt diese Impfreaktionen. Auch wenn keine der genannten Impfreaktionen auftritt, ist die Impfung wirksam.
Schwere Impfkomplikationen sind sehr selten, jedoch möglich. Dazu gehören etwa allergische Reaktionen, Fieberkrämpfe oder Ereignisse aufgrund von Handhabungsfehlern (z.B. falsche Injektionstechnik).
Zu beachten ist, dass eine Impfung zeitlich zufällig mit anderen, selbständigen Krankheitserscheinungen zusammentreffen kann. Ein Zusammenhang zwischen Impfung und einer solchen Krankheit kann, muss aber nicht bestehen.
Impfnebenwirkungen werden von den zuständigen Behörden in Deutschland sowie Europa- und weltweit systematisch erfasst sowie transparent über verschiedene Kanäle kommuniziert, so dass sie sowohl Ärzte als auch Patienten erreichen. In Deutschland sind Ärzte und medizinische Fachkräfte verpflichtet, mögliche Impfkomplikationen dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden. Dieses leitet die Meldungen pseudonymisiert an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) weiter, dem Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel in Langen. Betroffene können auch selbst Verdachtsfälle direkt online beim PEI melden.
Wer genehmigt und kontrolliert die Versorgung mit Impfstoffen?
Die Zulassung von Impfstoffen in Europa, Nordamerika sowie anderen Ländern unterliegt behördlichen Auflagen und hohen Sicherheitsstandards. In Europa erfolgt die Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA (European Medicines Agency). Bevor ein Impfstoff angewendet werden darf, wird er zunächst in ersten sogenannten präklinischen Studien getestet. Sind die erfolgreich abgeschlossen, wird der Impfstoff in klinischen Studien mit zehntausenden Menschen erprobt.
Da Impfungen auch gesunden Menschen verabreicht werden, muss der potenzielle Nutzen gegenüber der Wahrscheinlichkeit von schädlichen Wirkungen bei Weitem überwiegen. Dies wird von den Zulassungsbehörden genau geprüft. Nur dann erfolgt eine Marktzulassung. In Deutschland ist das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen (Hessen) als zentrale Bundesbehörde für die Zulassung, Prüfung und Bewertung von Impfstoffen sowie die Kontrolle der Impfstoff-Herstellung zuständig. Am Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin koordiniert die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfempfehlungen für Deutschland auf Basis von Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten. Diese werden regelmäßig aktualisiert.
Worauf Herzpatienten vor und nach einer Impfung achten sollten
Besprechen Sie mit Ihrem Kardiologen oder Ihrer Hausärztin
- anhand Ihres Impfausweises, ob Impflücken bestehen;
- welche Impfung und welcher Impfstoff für Sie geeignet ist und was bei Ihnen für oder gegen eine bestimmte Impfung spricht (z.B. bestehender Infekt, akute Herzschwäche, Medikation);
- den geeigneten Zeitpunkt für eine Impfung (Jahreszeit, aktueller Gesundheitszustand, Kombination mehrerer Impfungen an einem Termin).
- Berücksichtigen Sie für Ihre Tagesplanung eventuelle Impfreaktionen in den Tagen nach der Impfung und richten Sie sich darauf ein. Schonen Sie sich. Sichern Sie Kontaktmöglichkeiten zu Angehörigen, Pflegepersonen und/oder ihrem Hausarzt, falls unerwartet größere Probleme oder Komplikationen nach einer Impfung auftreten, besonders, wenn Sie allein leben.
Wo kann man sich impfen lassen – und wer übernimmt die Kosten?
Impfungen können in der Regel beim Hausarzt oder der Hausärztin durchgeführt werden. Bei speziellen Fragen oder Begleiterkrankungen ist auch der Kardiologe eine gute Anlaufstelle, um sich zum Impfen individuell beraten zu lassen und eventuell den Impfschutz direkt anzupassen.
Darüber hinaus bieten inzwischen auch viele Apotheken Impfungen direkt vor Ort an, zum Beispiel gegen Grippe oder COVID-19. Dieser Service ist besonders praktisch für Herzpatientinnen und Herzpatienten mit eingeschränkter Mobilität, die kurze Wege bevorzugen.
Die Kosten für von der STIKO empfohlene Schutzimpfungen – etwa gegen Influenza, Pneumokokken oder COVID-19 – werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Viele dieser Kassen haben auch Verträge mit den Apotheken, so dass auch hier die Kosten von der Apotheke direkt mit der Kasse abgerechnet werden können. Ebenso übernimmt die Private Krankenversicherung die Kosten der von der STIKO empfohlenen Schutzimpfungen. Als Patient müssen Sie in der Regel in Vorleistung gehen und die Rechnung dann einreichen.
Experte
- 60323 Frankfurt am Main
- info@herzstiftung.de
- www.herzzentrum-an-der-alster.de
Prof. Dr. med. Thomas Meinertz ist Kardiologe und Pharmakologe in Hamburg. Zu den Schwerpunkten des ehemaligen Vorsitzenden der Herzstiftung und langjährigen Direktors der Klinik und Poliklinik für Kardiologie und Angiologie des Universitären Herzzentrums Hamburg zählen insbesondere Herzrhythmusstörungen, die koronare Herzkrankheit und Herzklappen-Erkrankungen. Neben mehreren hundert wissenschaftlichen Fachpublikationen, die Prof. Meinertz für nationale und internationale Fachzeitschriften verfasst hat, ist der renommierte Kardiologe Chefredakteur der Herzstiftungs-Zeitschrift "HERZ heute" und Autor mehrerer Publikationen im Online-Bereich der Herzstiftung.